Das von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlende Hausgeld wird in § 16 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) als Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums bezeichnet. Davon umfasst sind die Betriebskosten sowie die weiteren Lasten und Kosten, also die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten sowie die Verwaltungskosten für das Gemeinschaftseigentum. Dabei richtet sich der gesetzliche Verteilerschüssel für das Hausgeld in der Wohnungseigentümergemeinschaft zwar regelmäßig nach Miteigentumsanteilen (MEA). Die Wohnungseigentümer haben jedoch zahlreiche Möglichkeiten, diesen Verteilerschlüssel zu ändern. Welche das sind und wie die Änderung rechtswirksam erfolgt, lesen Sie hier.
Verteilerschlüssel für das Hausgeld: In der Regel MEA
Der Verteilerschüssel (Umlageschlüssel, Kostenverteilungsschlüssel, Verteilungsschlüssel) für das Hausgeld in der Wohnungseigentümergemeinschaft richtet sich regelmäßig nach den MEA der Wohnungseigentümer, § 16 Abs. 2 WEG. Die genaue Bestimmung der MEA ist zwar gesetzlich nicht vorgegeben, erfolgt aber in der Praxis meistens im Verhältnis der vorhandenen Wohn- und Nutzflächen nach folgender Formel:
1.000 x m² Einzelwohnfläche / m² Gesamtwohnfläche
Regelmäßig ergibt sich die genaue Festlegung aus der Teilungserklärung. Lediglich für die Heizkosten und Warmwasserkosten ist aufgrund der Heizkostenverordnung (HeizkostenV) vorgeschrieben, dass diese Kosten zwischen 50 und 70% nach dem Verbrauch zu verteilen sind.
Betriebs- und Verwaltungskosten: Anderer Verteilerschlüssel generell zulässig, § 16 Abs. 3 WEG
Bei den Betriebskosten und den Verwaltungskosten kann ein anderer Verteilerschlüssel als nach MEA durch mehrheitlichen Beschluss der Wohnungseigentümer festgelegt werden, § 16 Abs. 3 WEG. In Betracht kommen etwa Wohn- und Nutzfläche, Personenzahl, Anzahl der Wohneinheiten, die einzelnen Häuser bei Mehrhauswohnanlagen, Verbrauch und Verursachung.
Bauliche Maßnahmen: Anderer Verteilerschlüssel nur im Einzelfall möglich, § 16 Abs. 4 WEG
Bei baulichen Maßnahmen darf eine Abweichung vom Verteilerschlüssel nach MEA nur unter bestimmten Voraussetzungen beschlossen werden. Zu diesen Voraussetzungen gehören:
- Vorliegen einer baulichen Maßnahme am Gemeinschaftseigentum (Instandhaltung, Instandsetzung, Modernisierende Instandsetzung, Modernisierung, bauliche Veränderung)
- Änderung des Verteilerschlüssel nur für den Einzelfall und damit für die konkrete bauliche Maßnahme in einem bestimmten Fall
- Berücksichtigung des Gebrauchs oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer
- Doppelt qualifizierte Mehrheit bei der Beschlussfassung, also Zustimmung von ¾ der Stimmen aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer, wobei die ¾ der Stimmen zugleich aus mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile bestehen müssen
Eine sehr ausführliche Darstellung der von den MEA abweichenden Verteilerschlüssel nach § 16 Abs. 3 und 4 WEG, aber auch der Kostenverteilung nach § 16 Abs. 6 WEG (keine Kostentragungspflicht, allerdings auch kein Nutzungsrecht bei fehlender Zustimmung zu einer baulichen Veränderung), finden Sie hier: /blog/kostenverteilung-eigentuemergemeinschaft/
Das sagt der BGH zur Änderung der Verteilerschlüssel nach § 16 Abs. 3 und 4 WEG
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht, was bei einer Änderung des Verteilerschlüssels nach MEA zu beachten ist und insoweit wertvolle Hinweise gegeben:
Zunächst haben die Karlsruher Richter ausgeführt, dass der Verteilerschlüssel in einer Teilungserklärung ausnahmsweise geändert werden kann, wenn
- das durch eine Öffnungsklausel vorgesehen ist
- Betriebs- und Verwaltungskosten statt wie bisher nach MEA nun aufgrund § 16 Abs. 3 WEG nach Verbrauch oder Verursachung verteilt werden sollen
- wegen baulicher Maßnahmen im Einzelfall durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 4 WEG die dafür anfallenden Kosten anders verteilt werden sollen (BGH, Urteil vom 25.09.2009, Az.: V ZR 33/09)
Hinsichtlich früherer oder künftiger einstimmig getroffenen Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG stellte der BGH fest, dass dadurch Mehrheitsbeschlüsse zur Änderung des Verteilerschlüssels nach § 16 Abs. 3 oder 16 Abs. 4 WEG nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden können. Damit sind Vereinbarungen über Verteilerschlüssel abänderbar (BGH, Urteil vom 16.07.2010, Az.: V ZR 221/09).
Weiterhin hat das oberste Zivilgericht entschieden, dass solche Änderungen des Verteilerschlüssels in einer Teilungserklärung oder in einer Vereinbarung nicht rückwirkend erfolgen dürfen, da dies nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Zudem muss bereits aus der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung hervorgehen, dass über eine Änderung des Verteilerschlüssels beschlossen werden soll, so dass darüber Transparenz herrschen muss.
Darüber hinaus wies der BGH in dieser Entscheidung darauf hin, dass der Verteilerschlüssel für die Instandhaltungsrücklage nicht nach § 16 Abs. 4 WEG geändert werden darf, da sich die Rücklage nicht auf eine einzelne Maßnahme, sondern auf den gesamten künftigen, noch nicht vorhersehbaren Bedarf erstreckt (BGH, Urteil vom 09.07.2010, Az.: V ZR 202/09).
Der Umstand, dass der Verteilerschlüssel für die Instandhaltungsrücklage nicht nach § 16 Abs. 4 WEG anders gestaltet werden darf, wurde vom BGH später nochmals bestätigt,
In diesem Urteil führte der BGH zudem aus, dass Betriebs- und Verwaltungskosten statt wie bisher nach MEA nicht nur aufgrund § 16 Abs. 3 WEG nach Verbrauch oder Verursachung, sondern auch nach anderen Verteilerschlüsseln (hier von MEA auf Wohneinheiten für verschiedene Betriebskostenarten) umgelegt werden können. Die Wohnungseigentümer haben hierfür einen weiten Gestaltungsspielraum, wobei der neue Verteilerschlüssel lediglich ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen muss und nicht willkürlich zu sein hat (BGH, Urteil vom 01.04.2011, Az.: V ZR 162/10). Diesen weiten Gestaltungsspielraum bei der Änderung des Verteilerschlüssels billigte der BGH Wohnungseigentümern in einer späteren Entscheidung nochmals zu (hier von MEA auf Wohnfläche, BGH, Urteil vom 16.09.2011, Az.: V ZR 3/11).
Schließlich stellte der BGH klar, dass aus § 16 Abs. 3 WEG nicht die Befugnis hergeleitet werden kann, einen bislang nach einer bestehenden Vereinbarung von einer Kostentragungspflicht ausgenommenen Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG erstmals an diesen Kosten zu beteiligen. Denn diese Vorschrift berechtigt die Wohnungseigentümer nur zu einer Änderung der Verteilerschlüssel, nicht aber zur Begründung einer Kostentragungspflicht (BGH, Urteil vom 01.06.2012, Az.: V ZR 225/11).