Bei Wohnungseigentümergemeinschaften spielt die Instandhaltungsrücklage (Instandhaltungsrückstellung) eine große Rolle. Getreu dem Motto „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“ dient die Ansparung der Instandhaltungsrücklage als „eiserne Reserve“ für die Kosten unerwarteter Reparaturen und größerer Sanierungen des Gemeinschaftseigentums. Damit verbunden stellen sich die Fragen nach Rechtsgrund, Berechnung und Höhe der Ansparung der Instandhaltungsrücklage. Was Sie als Wohnungseigentümer darüber wissen sollten und wie etwa zu verfahren ist, wenn die Instandhaltungsrücklage für erforderliche Reparatur- und Sanierungsarbeiten nicht ausreicht, erfahren Sie in diesem Artikel.
Instandhaltungsrücklage: Das ist der gesetzliche Hintergrund
Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört insbesondere auch die Ansparung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage, § 21 Abs. 5 Nr. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Ergänzt wird dies durch § 28 Abs. 1 Nr. 3 WEG, wonach die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zur Instandhaltungsrücklage Teil des Wirtschaftsplans ist.
Bezweckt wird mit der Ansparung der Instandsetzungsrücklage die Liquidität der Wohnungseigentümergemeinschaft. Treten unerwartete Reparaturen oder größere Sanierungen auf, sollen die dafür erforderlichen Mittel zumindest zu einem Großteil vorhanden sein.
Soweit in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung nicht bereits die Ansparung einer Instandhaltungsrückstellung festgelegt ist, gilt Folgendes:
Eine gesetzliche Verpflichtung zur Ansparung einer Instandhaltungsrücklage besteht nicht. Ob und in welcher Höhe eine Instandhaltungsrücklage gebildet wird, bleibt daher an sich den Wohnungseigentümern überlassen. Diese können daher auf der Eigentümerversammlung eine etwaige Ansparung der Instandhaltungsrücklage mehrheitlich beschließen – oder eben nicht.
Allerdings hat jeder einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung, den er notfalls gerichtlich durchsetzen kann, § 21 Abs. 4 WEG. Dazu gehört auch der Anspruch auf die Ansparung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage.
Ist also in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung nicht vorgegeben und lehnt ein Großteil der Eigentümer die Ansparung der Rücklage etwa „wegen zu hoher Kosten“ ab oder wirkt der WEG-Verwalter nicht auf eine Rücklagenbildung hin, kann jeder einzelne Eigentümer die Ansparung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage gerichtlich erzwingen.
Angemessenheit der Instandhaltungsrücklage: So hoch muss die „eiserne Reserve“ sein
Die anzusparende Instandhaltungsrücklage muss angemessen sein, § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG. Was genau angemessen ist und wie hoch die Instandhaltungsrücklage zu sein hat, ist gesetzlich nicht geregelt.
Abzustellen ist daher darauf, wie die Instandhaltungsrücklage eines „verständigen und vorausschauenden Eigentümers“ aussehen würde. Das wiederum hängt von den individuellen Gegebenheiten der Eigentumsanlage und der Berechnungsweise ab. Bei den jeweiligen Gegebenheiten sind Alter, Zustand, Größe, Ausstattung, Lage und Reparaturanfälligkeit des Objekts berücksichtigen. Weiterhin hängt die Rücklage auch von den finanziellen Möglichkeiten der Wohnungseigentümer ab.
Zur Berechnung der Angemessenheit Instandhaltungsrücklage bestehen verschiedene Möglichkeiten. Die Rede ist von Peters´sche Formel und Formel von Hauff, aber auch von bestimmten Sockelbeträgen aufgrund einer Empfehlung vom Verband Deutscher Hausverwalter e. V. (VDH).
In der Praxis anerkannt ist die Berechnung der Instandhaltungsrücklage anhand der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Zweite Berechnungsverordnung (II. BV), was dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschluss vom 21.06.2002, Az.: Wx 123/02). Diese Berechnung stammt aus dem sozialen Wohnungsbau und stellt auf die Bezugsfertigkeit des Objektes ab. Liegt die Bezugsfähigkeit am Ende des Kalenderjahres
- weniger als 22 Jahre zurück, dürfen maximal 7,10 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr
- mindestens 22 Jahre zurück, dürfen maximal 9 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr
- mindestens 32 Jahre zurück, dürfen maximal 11,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr
angesetzt werden. Ist im Objekt ein Aufzug vorhanden, erhöht sich der jeweilige Betrag um 1 Euro. Diese Berechnung berücksichtigt auch den Erfahrungsgrundsatz, dass mit zunehmendem Alter des Objektes dessen Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf steigt, so dass damit auch eine höhere Rücklage zu bilden ist.
Ebenso anerkannt ist, dass eine Instandhaltungsrücklage von 2,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr nicht ausreichend ist (Amtsgericht (AG) Neustadt am Rübenberge, Urteil vom 09.02.2015, Az.: 20 C 687/114).
Darüber hinaus kann die Angemessenheit der Instandhaltungsrückstellung mit Hilfe eines Bausachverständigen ermittelt werden. Dieser besichtigt das Objekt, so dass letztlich ein Instandhaltungs- und Kostenplan entsteht, woraus die Rücklage ermittelt und auf die Wohnungseigentümer umgelegt wird. Ob allerdings eine Eigentümergemeinschaft bereit ist, die hohen Kosten des Sachverständigen auf sich zu nehmen, ist eine andere Frage.
Besteht eine Mehrhausanlage, dürfen für die einzelnen Gebäude unterschiedlich hohe Instandhaltungsrückstellungen angespart werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.04.2015, Az.: V ZR 12/14).
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Wohnungseigentümer bei der Bemessung der Ansparung der Instandhaltungsrücklage und des dafür erforderlichen jährlichen Betrags einen weiten Ermessensspielraum haben. Nur dann, wenn die betreffenden Ansätze deutlich überhöht oder untersetzt sind, kommt ein Verstoß gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung in Betracht (Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Beschluss vom 05.10.2000, Az: 2Z BR 59/00).
Es sollte auch berücksichtigt werden, dass bei hoher Inflation und geringen Zinssätzen eine hohe Instandhaltungsrücklage betriebswirtschaftlich wenig sinnvoll ist, während dagegen bei niedriger Inflation und hohen Zinssätzen eine hohe Ansparung regelmäßig auch hohe Zinsen für die Wohnungseigentümergemeinschaft abwirft.
Das gilt, wenn die Instandhaltungsrücklage zu niedrig oder zu hoch ist
Es kann sein, dass die Instandhaltungsrücklage zu niedrig ist. Das ist einerseits möglich, wenn diese unangemessen gering ist. Zum anderen ist denkbar, dass die Instandhaltungsrücklage für die anstehenden Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen nicht ausreicht.
Ist die Ansparung der Instandhaltungsrücklage unangemessen niedrig, können die Wohnungseigentümer (ggf. auf Verlangen eines einzelnen Eigentümers) eine Erhöhung beschließen. Reicht dagegen die vorhandene Instandhaltungsrücklage für erforderliche Reparatur- und Sanierungsarbeiten nicht aus, besteht die Möglichkeit, für den fehlenden Betrag eine Sonderumlage zu beschließen. Unter bestimmten, engen Voraussetzungen kann die Finanzierung auch durch eine Darlehensaufnahme der teilrechtsfähigen Eigentümergemeinschaft bewerkstelligt werden (BGH, Urteil vom 25.09.2015, Az.: V ZR 244/14).
Ob erforderliche Reparatur- und Sanierungsarbeiten komplett aus der Instandsetzungsrücklage oder teilweise aus der Rücklage und einer zusätzlich zu beschließenden Sonderumlage gezahlt werden, unterliegt regelmäßig der freien Entscheidung der Eigentümer (BayObLG, Beschluss vom 22.09.2004, Az.: 2Z BR 142/04).
Hat dagegen die Instandhaltungsrücklage eine angemessene Höhe überschritten, können die Wohnungseigentümer die Auflösung des überangemessenen Betrages mehrheitlich beschließen, sofern keine entgegenstehenden Vereinbarungen existieren (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 20.07.1998, Az.: 5 W 110/98).
Einen solchen Beschluss müssen die Eigentümer allerdings nicht treffen.
Verwendung der Instandhaltungsrücklage ist zweckgebunden
Die Instandhaltungsrücklage darf nur für Instandhaltungen und Instandsetzungen verwendet werden, die über die laufenden Kosten für solche Maßnahmen hinausgehen. Die Verwendung der Instandhaltungsrücklage ist also zweckgebunden. Aus der Rücklage können aber die Kosten finanziert werden, die für einen Sachverständigen entstehen, der den anfallenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten begutachtet. Das gilt auch für die Gebühren eines das Vorhaben begleitenden Rechtsanwalts (OLG München, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: Wx 114/05).
Besteht ein Liquiditätsengpass der Eigentümergemeinschaft, darf die Instandhaltungsrücklage nicht zur Überbrückung verwendet werden, sofern dadurch auf die „angemessene“ Rücklage zugegriffen wird. Lediglich dann, wenn mehr als die angemessene Rücklage vorhanden ist, darf der überschießende Teil zur Überwindung des Engpasses nach vorherigem Eigentümerbeschluss verwendet werden (Landgericht (LG) Köln, Urteil vom 24.11.2011, Az.: 29 S 111/11).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn mit Geldern aus der Instandhaltungsrückstellung besonders günstiges Heizöl gekauft werden soll. Auf eine einmal beschlossene Rückstellung darf der Verwalter für die Heizölbeschaffung jedenfalls nicht zugreifen (BayObLG, Beschluss vom 13.04.1984, Az.: BReg 2 Z 19/83). Auch die oft anzutreffende Praxis, einen Teil der angemessenen Rücklage für den Heizölkauf zu verwenden und das dafür angeschaffte Heizöl auf die Rücklage „anzurechnen“, ist nicht rechtens. Zulässig dürfte es aber sein, wenn die Eigentümer beschließen, dass der die angemessene Rücklage übersteigenden Teil für die Heizölbeschaffung verwendet werden darf.
Wie die Instandhaltungsrücklage anzulegen ist – und was für die Hausgeldabrechnung gilt
Die Instandhaltungsrücklage ist auf einem gesonderten Konto (Rücklagenkonto) anzulegen. Besteht kein Beschluss über eine bestimmte Anlageform für die Rücklage, entscheidet der Verwalter darüber pflichtgemäß nach kaufmännischem Ermessen.
Fasst die Wohnungseigentümergemeinschaft allerdings einen Beschluss über die Anlageform, ist zu beachten, dass die Laufzeit der Anlage einem Liquiditätsbedarf der Eigentümergemeinschaft für Instandhaltungen und Instandsetzungen nicht entgegenstehen darf. Dies ist auch einer der Gründe, warum die Anlage der Rücklage auf einem Bausparvertrag nicht als rechtens angesehen wird.
Weiterhin folgt aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, dass spekulative Anlagen der Instandhaltungsrücklage unzulässig sind.
Die Instandhaltungsrücklage ist zweckgebundener Teil des Verwaltungsvermögens der Eigentümergemeinschaft. Folge daraus ist, dass die einzelnen Wohnungseigentümer keine Verfügungsbefugnis über ihre „Anteile“ am Verwaltungsvermögen haben. Daher kann der „Anteil“ auch nicht gepfändet werden oder in die Insolvenzmasse eines zahlungsunfähig gewordenen Eigentümers gelangen. Verkauft ein Eigentümer seine Wohnung, geht der „Anteil“ auf den neuen Erwerber über.
Da die Instandhaltungsrücklage gesondert auf dem Rücklagenkonto anzulegen ist, gelten für den Verwalter bei der jährlichen Hausgeldabrechnung Besonderheiten. In der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die in die Hausgeldabrechnung aufzunehmen ist, müssen die tatsächlichen Zahlungen der Eigentümer auf die Rücklage sowie auch die geschuldeten Zahlungen gesondert ausgewiesen werden (BGH, Urteil vom 04.12.2009, Az.: V ZR 44/09). Damit wird bezweckt, dass für Eigentümer ersichtlich ist, wer wie viel auf die Rücklage gezahlt hat und wie sich die tatsächliche Vermögenslage der Eigentümergemeinschaft verhält.
Käufer von Eigentumswohnungen sollten genau prüfen, ob eine Instandhaltungsrücklage vorhanden ist und ob deren Höhe die voraussichtlichen Kosten für anstehende Instandhaltungen und Instandsetzungen abdeckt. Dazu ist auch zu prüfen, ob in der Vergangenheit erforderliche Arbeiten am Objekt durchgeführt wurden oder ein „Reparaturstau“ besteht, der zu teuren Sonderumlagen führt. Ebenso sind werbemäßig angepriesene „besonders niedrige“ monatliche Hausgeldzahlungen mit Vorsicht zu genießen, da diese deswegen so gering sein können, weil die darin enthaltene Ansparung für die Rücklage nicht angemessen berücksichtigt wird.