Die Wohnungseigentümer können in der Eigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluss dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat die Entlastung erteilen. Die Entlastung hat die Folgen eines negativen Schuldanerkenntnisses nach § 397 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dies bedeutet, dass gegen den Verwalter und den Beirat für das betreffende Wirtschaftsjahr Ersatzansprüche ausgeschlossen sind, soweit die Ansprüche den Wohnungseigentümern bekannt oder bei sorgfältiger Prüfung erkennbar waren (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 06.03.1997, Az.: III ZR 248/95). Was Sie zur Entlastung wissen sollten und welche Vor- und Nachteile sie bietet, lesen Sie in diesem Artikel.
So wirkt sich die Entlastung von WEG-Verwalter und Beirat rechtlich aus
Gesetzliche Regelungen zur Entlastung des Verwalters und des Verwaltungsbeirats existieren nicht. Der Gedanke der Entlastung stammt aus dem Gesellschaftsrecht, die nach § 120 Aktiengesetz (AktG) für den Vorstand und die Mitglieder des Aufsichtsrats vorgesehen ist. Dabei bezieht sich die Entlastung auch auf die mit dem eigentlichen Vorgang zusammenhängenden Handlungen. Wird also der Verwalter für die Jahresabrechnung entlastet, bezieht sich das auch auf sein Handeln, welches den einzelnen Zahlungsvorgängen zugrunde liegt.
Die Wirkungen der Entlastung sind neben dem Ausschluss von Ersatzansprüchen gegen den Verwalter und den Beirat für das jeweilige Wirtschaftsjahr, auf dem sich die Entlastung bezieht:
- Keine Entlastung für strafbares Verhalten
Die Entlastung des Verwalters und des Beirats gilt nicht für dessen strafbares Handeln.
- Keine Entlastung für Ansprüche einzelner Eigentümer aus dem Sondereigentum
Die Entlastung bezieht sich nur auf die gemeinschaftlichen Ansprüche der teilrechtsfähigen Eigentümergemeinschaft. Die individuellen Ansprüche der einzelnen Eigentümer, die mit deren Sondereigentum (Eigentumswohnung) zusammenhängen, bleiben daher bestehen.
- Abberufungsgründe entfallen
Der Verwalter und der Beirat können nicht mehr aus solchen Gründen abberufen werden, die von der Entlastung umfasst sind.
- Auskunftspflicht entfällt
Der Verwalter ist nicht mehr zur Auskunft über die betreffende Geschäftsführung, insbesondere zur Jahresabrechnung, verpflichtet. Er muss jedoch weiterhin Einsicht in die betreffenden Unterlagen gewähren.
- Rechnungslegungspflicht entfällt
Ebenso wie bei der Auskunftspflicht hat der Verwalter für die Jahresabrechnungen, für die ihm Entlastung erteilt wurde, keine Pflicht zur Rechnungslegung mehr. Das gilt sinngemäß auch für den Beirat hinsichtlich seiner Kontrollpflichten.
Wie die Entlastung in der Eigentümerversammlung erteilt wird
Die Entlastung des Verwalters und des Verwaltungsbeirats wird durch Mehrheitsbeschluss in der Wohnungseigentümerversammlung erteilt. Regelmäßig geschieht dies im Rahmen der ordentlichen Jahresversammlung im Zusammenhang mit der Genehmigung der Jahresabrechnung und dem Aufstellen des Wirtschaftsplans für das kommende Abrechnungsjahr.
Dabei ist folgendes zu beachten: Der Verwalter kann nicht über
- seine Entlastung mit abstimmen, wenn er selber Wohnungseigentümer ist
- seine Entlastung mit abstimmen, wenn er selber zwar kein Wohnungseigentümer ist, ihm aber das Stimmrecht von anderen Eigentümern mit wirksamen Vollmachten übertragen wurde (Oberlandesgericht (OLG Köln), Beschluss vom 08.11.2006, Az.: 16 WX 165/06)
- die Jahresabrechnung mit abstimmen, wenn er selber Wohnungseigentümer ist oder ihm als Nicht-Eigentümer das Stimmrecht von anderen Eigentümern mit wirksamen Vollmachten übertragen wurde und (gemäß der Tagesordnung) über seine Entlastung nicht gesondert beschlossen werden soll. Denn hier wird dem Verwalter bereits dem mit Beschluss über die Jahresabrechnung konkludent (durch schlüssiges Handeln) entlastet (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.10.2000, Az.: 3 Wx 92/00; anders Landgericht (LG) München, Urteil vom 11.09.2014, Az.: 1 T 15087/14, wonach es der Auslegung des jeweiligen Beschlusses bedarf)
Diese Grundsätze gelten ebenso für die Mitglieder des Verwaltungsbeirats.
Zur Vermeidung möglicher Auslegungsschwierigkeiten sollte in der Eigentümerversammlung über die Jahresabrechnung, der Entlastung des Verwalters und der Entlastung des Verwaltungsbeirats getrennt beschlossen werden. Dies ist bereits in der Einladung zur Eigentümerversammlung zu berücksichtigen, in denen den jeweiligen Beschlüssen eigene Tagesordnungspunkte zugewiesen werden sollten.
Ist ein Wohnungseigentümer mit der Entlastung des Verwalters und/oder Verwaltungsbeirats nicht einverstanden, kann er die jeweiligen Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung gemäß § 46 WEG beim zuständigen Gericht anfechten.
Kein Anspruch des Verwalters und Verwaltungsbeirats auf Entlastung
Grundsätzlich können Verwalter und Verwaltungsbeirat von den Wohnungseigentümern keine Entlastung verlangen, da hierauf kein gesetzlicher Anspruch besteht. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn dies in der Gemeinschaftsordnung oder im Verwaltervertrag bzw. durch einen Beschluss für den Beirat vorgesehen ist. In diesem Fall können Verwalter und Beirat die Entlastung verlangen.
Besteht kein Anspruch des Verwalters auf seine Entlastung und wird diese trotzdem erteilt, entspricht dies den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Voraussetzung dafür ist, dass erkennbar keine Ansprüche gegen den Verwalter in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 17.03.2003, Az.: V ZB 11/03). Umgekehrt widerspricht die Entlastung des Verwaltungsbeirats einer ordnungsmäßen Verwaltung, wenn gegen diesen Ansprüche in Betracht kommen und kein Grund ersichtlich, darauf zu verzichten (BGH, Urteil vom 04.12.2009, Az.: V ZR 44/09). Damit steht eine ordnungsgemäße Verwaltung der Entlastung von Verwalter und Verwaltungsbeirat nicht entgegen, wenn gegen diese erkennbar keine Ansprüche existieren.
Hat ein Verwalter keinen mangels Regelung in der Gemeinschaftsordnung oder im Verwaltervertrag keinen Anspruch auf Entlastung und wird ihm diese nicht erteilt, kann er deswegen sein Amt nicht einfach niederlegen. Behaupten die Wohnungseigentümer jedoch, dass konkrete Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter vorhanden sind, kann dieser gegen die Eigentümer eine sogenannte negative Feststellungsklage erheben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.1996, Az.: Wx 581/94). Diese Klage ist auf die Feststellung gerichtet, dass die von der Eigentümergemeinschaft behaupteten Ansprüche nicht bestehen.
Überblick: Das sind die Vor- und Nachteile der Entlastung für Verwalter und Beirat
Vorteile | Nachteile |
Vertrauensbeweis und dadurch bedingte vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwalter und dem Beirat | Ausschluss von Ersatzansprüchen, soweit keine Straftaten oder Ansprüche einzelner Eigentümer aus dem Sondereigentum |
Bestätigung der Zufriedenheit mit der geleisteten Arbeit und dadurch bedingte Motivation von Verwalter und Beirat | Wegfall von Abberufungsgründen |
Klare Fakten für vergangene Wirtschaftsjahre | Wegfall von Auskunfts- und Rechnungspflichten |
Speziell unentgeltlich tätige Verwaltungsbeiräte lassen sich eher finden | Keine Verpflichtung zur Erfüllung noch nicht erledigter Obliegenheiten |
Speziell dem vielfach geäußerten Argument: „Gute Verwalter haben keine Entlastung nötig“ lässt sich entgegenhalten, dass durch zahlreiche Nachfragen mancher Wohnungseigentümer teilweise erhebliche Zeit des Verwalters beansprucht wird. Durch die Entlastung erübrigen sich aber Nachfragen zu den abgeschlossenen Wirtschaftsjahren, so dass die Verwaltung die dadurch vorhandenen Zeitressourcen effektiv im Sinne der von ihr betreuten Eigentümergemeinschaften einsetzen kann.