In vielen Mehrfamilienhäusern bilden die Eigentümer der einzelnen Wohnungen eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Sofern sie die Wohnanlage nicht in Eigenregie verwalten, bestellen sie durch Beschluss einen Verwalter, der sich um die Interessen der Eigentümer und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums kümmert. Dabei wird der ebenfalls beschlossene Verwaltervertrag von der Eigentümergemeinschaft mit dem Verwalter geschlossen. Die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters sind im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), aber auch im vereinbarten Verwaltervertrag geregelt. Mit dem Inkrafttreten der WEG-Reform am 01.12.2020 hat der Verwalter neue gesetzliche Befugnisse erhalten. Welche das sind, erfahren Sie hier.
Außenverhältnis: Verwalter per Gesetz vertretungsberechtigt
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird durch den Verwalter nun grundsätzlich uneingeschränkt gerichtlich und außergerichtlichvertreten. Eine Ausnahme besteht nur für den Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags. Hier ist der Verwalter nur zur Vertretung berechtigt, wenn er dazu durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt ist, § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG. Dabei kann sich der Beschluss entweder auf den Abschluss eines konkreten Vertrags erstrecken. Oder der Verwalter wird durch Beschluss innerhalb bestimmter Grenzen oder bedingungslos zum Abschluss solcher Verträge generell legitimiert.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift wird die Vertretungsmacht nur für den Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen eingeschränkt. Dagegen bestehen keine Einschränkungen für Erklärungen bei Vertragsabwicklungen und dinglichen Rechtsgeschäften wie der Einigung nach § 873 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die etwa eine Einigung über eine Eigentumsübertragung oder eine Grundstücksbelastung umfasst. Das dingliche Rechtsgeschäft wird dabei regelmäßig vorgenommen, um das Grundgeschäft zu erfüllen, also beispielsweise die Einigung über die Eigentumsübertragung zur Erfüllung des Grundstückskaufvertrags.
Außer der Einschränkung für den Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags gelten keine Ausnahmen. Darüber hinaus ist eineBeschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht ist Dritten gegenüber unwirksam, § 9b Abs. 1 Satz 3 WEG. Die Wohnungseigentümer können also die Vertretungsmacht des Verwalters mit Wirkung für das Außenverhältnis weder durch Beschluss noch durch Vereinbarung einschränken. Ein solcher Beschluss wäre nichtig, eine Vereinbarung unwirksam.
Die weitreichende Vertretungsberechtigung des Verwalters ist Folge einer der größten Veränderungen durch die WEG-Reform. Die Eigentümergemeinschaft wurde Trägerin der gesamten Verwaltung einschließlich aller Rechte und Pflichten. Nicht mehr die Wohnungseigentümer, sondern die Eigentümergemeinschaft verwaltet nun das gemeinschaftliche Eigentum, für die sie als Willensbildungsorganund der Verwalter als Vertretungsorgan handelt.
Innenverhältnis: Mehr Rechte für den Verwalter
Vor dem Inkrafttreten der WEG-Reform enthielt § 27 Abs. 1 WEG alter Fassung (a. F.) zahlreiche Regelbeispiele, aus denen sich die Rechte und Pflichten des Verwalters ergaben. Nun ist der Verwalter nach der Generalklausel des aktuellen § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG allgemein und ohne jegliche nähere Aufgabenbeschreibung pauschal berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung von untergeordneter Bedeutung zu treffen, die nicht mit erheblichen Verpflichtungen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verbunden sind. Damit soll sich gegenüber dem früheren Recht im Hinblick auf die Aufgaben des Verwalters nichts ändern (Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 19/22634, Seite 47).
Soweit der Verwalter jetzt jedoch eigenverantwortlich ohne Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung und unerheblichen Verpflichtungen entscheiden darf, stellt sich die Frage, was darunter zu verstehen ist. Nach der Gesetzesbegründung ist für die Bedeutung einer Maßnahme und der Erheblichkeit der sich daraus ergebenden Verpflichtung die Größe der Anlage maßgeblich. Je größer die Anlage, desto höher der Kreis der Maßnahmen, die der Verwalter zu ergreifen hat. Dazu gehören im Einzelfall die Vergabe kleinerer Reparaturen, der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen in begrenzten Umfang oder die gerichtliche Geltendmachung von Hausgeldforderungen (BT-Drs. 19/22634, Seite 46).
Die Wohnungseigentümer können die vom Verwalter zu treffenden Maßnahmen durch Beschluss einschränken oder erweitern, § 27 Abs. 2 WEG. In Betracht kommen etwa die Festsetzung eines Maßnahmenkatalogs oder von Wertgrenzen. So werden bisher in vielen Verwalterverträgen Maßnahmen des Verwalters wie etwa Auftragsvergaben ihm bis zu einem bestimmten Geldbetrag eigenverantwortlich überlassen und bis zu einem bestimmten höheren Geldbetrag von der Zustimmung des Verwaltungsbeirats oder eines Wohnungseigentümers abhängig gemacht, bevor bei darüberhinausgehenden Beträgen ein Beschluss der Eigentümer erforderlich ist.
Die Einschränkungen für die vom Verwalter zu treffenden Maßnahmen gelten aber nur im Innenverhältnis zur Eigentümergemeinschaft. Sie berühren nicht die Vertretungsmacht des Verwalters nach außen, also nicht die Außenvollmacht nach § 9b Abs. 1 WEG. Überschreitet der Verwalter die Außenvollmacht im Innenverhältnis zur Eigentümergemeinschaft, muss diese dafür einstehen, zumal Beschränkungen des Umfangs der Vollmacht gegenüber Dritten unwirksam sind, § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG. Hier kann die Gemeinschaft jedoch den Verwalter in Regress nehmen.
Keine vom Gericht auferlegten Prozesskosten bei grobem Verschulden
Bisher konnten dem Verwalter die Prozesskosten auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn verlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden traf, § 49 Abs. 2 WEG a. F. Diese Vorschrift wurde gestrichen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollen die Wohnungseigentümer durch materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche ausreichend geschützt sein (Bundesratsdrucksache (BR-Drs.) 168/20, Seite 90).