Werden in einem Mehrfamilienhaus die einzelnen Wohnungen nicht von einem Eigentümer vermietet, sondern hat jede Wohnung einen Eigentümer, besteht eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Als Teil der Eigentümergemeinschaft trägt jeder Wohnungseigentümergemeinsam mit den anderen Eigentümern die Verantwortung für die gemeinsam bewohnte Immobilie. Daher gilt in diesen Fällen das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), das unter anderem auch die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer regelt. Mit dem Inkrafttreten der WEG-Reform am 01.12.2020 wurden die Rechte der Wohnungseigentümer gestärkt. Welche Eigentümerrechte dadurch wie verbessert wurden, erfahren Sie in diesem Artikel.
Abberufung des Verwalters jederzeit möglich
Zunächst können die Wohnungseigentümer den Verwalter nun „jederzeit“ abberufen, § 26 Abs. 3 Satz 1 WEG. Ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Abberufung ist nicht mehr erforderlich. Daher ist jetzt eine Abwahl des Verwalters zu jedem Zeitpunkt und ohne etwaige Gründe durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer möglich. Das gilt auch für bereits vor dem 01.12.2020 bestehende Verwalterbestellungen, selbst wenn in den zugrundeliegenden Verwalterverträgen anderslautende Bestimmungen enthalten sind.
Eine Abweichung von der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit ist nicht zulässig, § 26 Abs. 5 WEG, also insbesondere auch keine Beschränkung auf einen wichtigen Grund durch den Verwaltervertrag oder eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer.
Verwaltervertrag endet spätestens sechs Monate nach Abberufung
Spätestens sechs Monate nach der Abberufung des Verwalters endet der Verwaltervertrag, § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG.
Hintergrund ist, dass nach der Trennungstheorie die Bestellung des Verwalters und der Abschluss des Verwaltervertrags sowie die Abberufung des Verwalters und die Kündigung des Verwaltervertrags jeweils eigenständige Rechtsakte sind. Wird demnach der Verwalter abberufen, ist es grundsätzlich erforderlich, auch den Verwaltervertrag zu kündigen. Ohne Kündigung besteht der Verwaltervertrag regelmäßig fort und der Verwalter hat auch weiterhin Anspruch auf seine Vergütung, allerdings gekürzt um seine ersparten Aufwendungen. Die ersparten Aufwendungen sind bei mittleren Wohnanlagen rund 20% (Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, Beschluss vom 15.08.2005, Az.: 2 Wx 22/99; OLG Köln, Beschluss vom 09.08.2000, Az.: 16 Wx 67/00).
Zudem kann der Verwalter jederzeit und ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes abberufen werden. Dagegen ist im Verwaltervertrag eine Vereinbarung möglich, wonach eine außerordentliche fristlose Kündigung des Verwaltervertrags vom Vorliegen eines wichtigen Grundsabhängig ist. Wird der Verwalter abberufen und ist kein wichtiger Grund gegeben, bleibt auch hier der Verwaltervertrag regelmäßig bestehen, gekürzt um die ersparten Aufwendungen.
Um zu vermeiden, dass der Verwaltervertrag in diesen Fällen „endlos“ weiterläuft, endet dieser nun spätestens sechs Monate nach der Abberufung des Verwalters. Kann der Vertrag also anlässlich der Abberufung nicht gekündigt oder einvernehmlich mit dem ausscheidenden Verwalter aufgehoben werden, ist das Vertragsverhältnis mit dem Verwalter spätestens nach sechs Monaten beendet. Auch dies gilt für bereitsvor dem 01.12.2020 geschlossene Verwalterverträge, unbeschadet darin enthaltener anderslautender Bestimmungen.
Eine Abweichung von dieser Regelung ist ebenfalls nicht zulässig, § 26 Abs. 5 WEG.
Eine Kündigung des Verwaltervertrags ist nicht erforderlich, wenn die Vertragslaufzeit an den Bestellungszeitraum gekoppelt ist. Hier endet der Verwaltervertrag automatisch mit der Abberufung des Verwalters. Das gilt auch bei einer vorzeitigen Abberufung.
Verwalter kann Abberufung nicht anfechten
Die Rechte der Wohnungseigentümer werden auch dadurch gestärkt, dass der Verwalter nun Beschlüsse über seine Abberufung nicht mehranfechten kann. In § 44 Abs. 1 WEG ist keine Anfechtungsmöglichkeit des Verwalters vorgesehen.
Recht auf Einsicht in Verwaltungsunterlagen
Jeder Wohnungseigentümer hat nun ein gesetzliches Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, § 18 Abs. 4 WEG. Zuvor bestand lediglich ein gesetzlicher Anspruch auf Einsichtnahme in die Niederschriften (Protokolle) der Eigentümerversammlungen und in die Beschluss-Sammlung, der von der Rechtsprechung um das Einsichtsrecht in sämtliche Verwaltungsunterlagen erweitert wurde (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11.02.2011, Az.: V ZR 66/10).
Jährlicher Vermögensbericht für jeden Eigentümer
Im Zuge der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans hat der Verwalter nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht aufzustellen. In dem Bericht muss die Instandhaltungsrückstellung dargestellt und das wesentliche Gemeinschaftsvermögen aufgelistet werden. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen, § 28 Abs. 4 WEG. Dadurch wird jeder Eigentümer über die Rücklagen und den Vermögenstand der Eigentümergemeinschaft informiert.
Anspruch auf Gestattung einer baulichen Veränderung
Jeder einzelne Wohnungseigentümer kann nun angemessene bauliche Veränderungen verlangen, bei denen den Eigentümern kein Ermessendarüber zusteht, „ob“ die Maßnahme durchgeführt wird, § 20 Abs. 2 WEG. Damit hat der einzelne Wohnungseigentümer einen individuellen Anspruch auf die Gestattung von baulichen Veränderungen, die einem der folgenden Punkte dienen müssen: Dem
- Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen
- Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge
- Einbruchschutz
- Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität („schnelles Internet“ wie bei einem Glasfaseranschluss)
Dagegen liegt die Entscheidungsbefugnis über die Frage, „wie“ die Maßnahme durchgeführt wird, im Ermessen der Eigentümer.
Die Kosten für die individuelle Gestattung der verlangten baulichen Veränderung hat grundsätzlich der einzelne Wohnungseigentümer zu tragen.
Die Eigentümer können also nicht nur vorgeben, wie die verlangte Maßnahme konkret ausgeführt wird. Vielmehr können sie auch entscheiden, ob die Maßnahme durch den betreffenden Wohnungseigentümer ausgeführt wird oder durch die Eigentümergemeinschaft auf Kosten des beanspruchenden Wohnungseigentümers. Soll die Maßnahme durch die Gemeinschaft erfolgen, sollte die Durchführung erst erfolgen, wenn der Wohnungseigentümer einen angemessenen Kostenvorschuss erbracht hat.
Ab 01.12.2023: Anspruch auf zertifizierten Verwalter
Als Maßnahme einer ordnungsgemäßen Verwaltung kann grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer ab dem 01.12.2023 bei Neu- und Wiederbestellungen einen zertifizierten Verwalter verlangen, §§ 19 Abs. 2 Nr. 6, 48 Abs. 4 Satz 1 WEG. Zertifizierter Verwalter ist, wer vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt, § 26a Abs. 1 WEG.
Gleichgestellt ist einem zertifizierten Verwalter derjenige mit einer der folgenden Ausbildungen, § 7 Zertifizierter-Verwalter-Prüfungsverordnung (ZertVerwV):
- Befähigung zum Richteramt (abgeschlossene Ausbildung als Volljurist)
- Abgeschlossene Berufsausbildung zur Immobilienkauffrau oder zum Immobilienkaufmann, zur Kauffrau oder zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft,
- Anerkannten Abschluss als Geprüfte Immobilienfachwirtin / Geprüfter Immobilienfachwirt
- Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt
Von dem Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter gibt es zwei Ausnahmen:
Zum einen können Wohnungseigentümer nach § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG in kleineren Wohnanlagen im Falle der Eigenverwaltung keinen zertifizierten Verwalter verlangen, wenn
- die Wohnanlage aus weniger als neun Sondereigentumsrechten (Eigentumswohnungen) besteht
- ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde und
- weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer (nach Köpfen) die Bestellung eines zertifizierten Verwalters fordern
Zum anderen gilt aufgrund der „Alte-Hasen-Regelung“ nach § 48 Abs. 4 Satz 2 WEG
- eine bereits vor dem 01.12.2020 für eine Eigentümergemeinschaft als Verwalter bestellte Person
- gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft bis zum 01.06.2024 als zertifizierter Verwalter
Von der Zertifizierung unberührt bleibt die behördliche Erlaubnis, die ein gewerbsmäßig tätiger Verwalter als „Wohnimmobilienverwalter“ benötigt, § 34c Abs. 1 Nr. 4 Gewerbeordnung (GewO). Gewerbsmäßig ist die Verwaltung, wenn der Verwalter für seine Tätigkeit eineVergütung erhält und die Tätigkeit selbstständig sowie regelmäßig ausübt. Keine gewerbsmäßige Verwaltung ist gegeben, wenn der Verwalter ehrenamtlich tätig ist und ihm eine lediglich geringe Aufwandsentschädigung gewährt wird.