Soll ein unzulässiger oder fehlerhafter Beschluss der Wohnungseigentümer künftig nicht wirksam werden, muss dieser angefochten werden, um ihn einer gerichtlichen Überprüfung und Aufhebung zu unterziehen. Geschieht dies nicht, wird der Beschluss bestandskräftig. In diesem Fall sind die Eigentümer an den Inhalt des Beschlusses gebunden, auch wenn der Beschluss fehlerhaft oder rechtswidrig ist. Um den Eigentümerbeschluss anfechten zu können, muss nach § 46 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) eine Anfechtungsklage beim zuständigen Gericht erhoben werden. Wie dabei vorzugehen und worauf im Einzelnen zu achten ist, lesen Sie hier.
Diese Beschlüsse können erfolgreich angefochten werden
Erfolgreich anfechtbar sind Beschlüsse mit formellen und/oder inhaltlichen Mängeln, die entweder auf der Wohnungseigentümerversammlung oder im sogenannten Umlaufverfahren (schriftliche Zustimmung aller Eigentümer) gefasst wurden.
Formelle Beschlussmängel liegen vor, wenn Formalien oder Fristen nicht beachtet wurden, die sich auf das Beschlussergebnis auswirken. Dazu gehören etwa Fehler in der Einladung wie die unterbliebene Einladung einzelner Eigentümer oder die fehlende oder unzureichende Bezeichnung von Tagesordnungspunkten, die Nichteinhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Einladungsfrist oder aber die unzutreffende Feststellung der Beschlussfähigkeit der anwesenden Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung.
Dagegen sind inhaltliche Beschlussmängel gegeben, wenn etwa der Beschluss zu unbestimmt (unklar oder mehrdeutig) formuliert ist oder sein Inhalt nicht mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht zu vereinbaren ist.
Wer Anfechtungsklage erheben kann
Berechtigt zur Erhebung der Anfechtungsklage und damit klagebefugt sind nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG
- ein einzelner Eigentümer alleine
- mehrere Eigentümer zusammen
- der Verwalter
Erhoben wird die Klage durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift), der u. a. die Bezeichnung der Parteien (Kläger und Beklagter) und des Gerichts sowie einen bestimmten Antrag enthalten muss, § 253 Abs. 1 und 2 ZPO. Klagen alle Wohnungseigentümer gemeinsam, genügt für ihre nähere Bezeichnung die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks (Postanschrift oder Grundbucheintrag), wobei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung alle Eigentümer namentlich zu bezeichnen sind, § 46 Abs. 1 WEG.
Einzureichen ist die Klageschrift beim zuständigen Gericht, das die Zustellung an die Beklagten veranlasst. Gemäß § 23 Nr. 1 c) GVG ist ausschließlich das Amtsgericht zuständig.
Gegen wen die Klage zu richten ist
Die Anfechtungsklage ist gegen alle übrigen Wohnungseigentümer zu richten, also nicht gegen den teilrechtsfähigen Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dabei besteht die Besonderheit, dass in der Klageschrift auch der Verwalter und ggf. dessen Ersatzzustellungsvertreter zu bezeichnen sind. Auch hier genügt für die nähere Bezeichnung der Eigentümer die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks und müssen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung alle Eigentümer namentlich bezeichnet werden, § 46 Abs. 1 WEG.
In einer Mehrhausanlage ist die Anfechtungsklage ebenfalls gegen sämtliche übrigen Eigentümer zu richten (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11.11.2011, Az.: V ZR 45/11). Nennt ein Wohnungseigentümer in seiner Klageschrift jedoch keine Partei, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er die übrigen Wohnungseigentümer verklagen möchte (BGH, Urteil vom 14.12.2012, Az.: V ZR 102/12).
Die Zustellung der Klage an die Beklagten erfolgt durch das Gericht. Aus Vereinfachungsgründen ist die Zustellung an den Verwalter anstatt an sämtliche Wohnungseigentümer zulässig, vgl. § 45 WEG. Ist der Verwalter jedoch direkt beteiligt oder eine mangelnde Information der Eigentümer durch ihn zu befürchten, müssen die Eigentümer einen Ersatzzustellungsvertreter bestimmen. Ist dies nicht geschehen oder nicht durchführbar, bestimmt das Gericht einen Ersatzzustellungsvertreter.
Besonders wichtig: Die Fristen für die Anfechtungsklage
Soll ein Beschluss angefochten werden, muss die Klage nach der Beschlussfassung innerhalb eines Monats erhoben und nach der Beschlussfassung innerhalb von zwei Monaten begründet werden, § 46 1 Satz 2 WEG.
Die Eigentümergemeinschaft fasst und verkündet am 15.01. einen Beschluss, den ein Eigentümer anfechten möchte.
Folge: Die Klageschrift muss bis zum 15.02, beim zuständigen Gericht eingegangen sein (notfalls bis 24:00 Uhr durch Einwurf in den Gerichtsbriefkasten). Die Begründung der Klageschrift ist dem Gericht bis zum 15.03. vorzulegen.
Fällt ein Samstag, Sonntag oder Feiertag auf das Fristende, verlängert sich die Frist um diese Tage. Wäre also der 15.03. ein Samstag, verlängert sich die Frist bis zum 17.03., einem Montag.
Ist der Kläger schuldlos an der Einhaltung der Frist verhindert (etwa wegen einem Krankenhausaufenthalt), kann er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand stellen, § 46 Abs. Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit §§ 233 bis 238 ZPO. Dies muss jedoch innerhalb von zwei Monaten nach dem Wegfall des Hindernisses geschehen (also etwa nach der Entlassung aus dem Krankenhaus), § 234 Abs. 1 ZPO.
Wie sich die Anfechtungsklage auf den Beschluss auswirkt
Die fristgemäß erhobene Anfechtungsklage hat zunächst keine Auswirkungen auf den angegriffenen Beschluss. Dieser bleibt solange bestehen, bis er vom Gericht aufgehoben oder für ungültig erklärt wird.
Beschlüsse, die eine später nicht mehr rückgängig zu machende Maßnahme beinhalten, müssen daher im Eilverfahren mittels einer einstweiligen Verfügung angefochten werden, damit die Maßnahme bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt wird.
Das gilt, wenn das Gericht den Beschluss „kassiert“
Hebt das Gericht den Beschluss auf oder erklärt es ihn für ungültig, wird er quasi gegenstandslos. Bereits erfolgte Umsetzungen des Beschlusses müssen auf Verlangen der Eigentümer rückgängig gemacht werden (sogenannter Folgenbeseitigungsanspruch).
Zugleich kann nach der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts kein weiterer Eigentümer mehr den Beschluss anfechten.
Anfechtungsklage: Was sonst noch wichtig ist
Fechten mehrere Eigentümer einen Beschluss an, werden die einzelnen Verfahren zu einem Prozess zusammengefasst, § 47 WEG. Durch diese Prozessverbindung ist gewährleistet, dass es zu einem einheitlichen Verfahren kommt.
Sind bei einer Anfechtungsklage nicht Eigentümer Kläger oder Beklagte, sind die übrigen Eigentümer dem Gerichtsverfahren beizuladen, soweit dadurch ihre Interessen betroffen sind. Die Beiladung erstreckt sich auch auf den Verwalter, wenn dieser nicht bereits Partei ist.
Die Kosten für das Beschlussanfechtungsverfahren sind immer ein unangenehmes Thema. Hier gelten folgende Grundsätze:
- Die Höhe der Kosten ist abhängig vom sogenannten Streitwert, den das Gericht durch Beschluss festsetzt. Je höher der Streitwert ist, desto höher sind auch die Kosten (Anwaltsgebühren und Gerichtskosten)
- Wer den Prozess verliert, zahlt die gegnerischen Anwaltsgebühren und Gerichtskosten. Dabei darf jeder Eigentümer einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen. Hat die Klage Erfolg, muss die unterlegene Partei grundsätzlich die Kosten aller Anwälte erstatten (BGH, Beschluss vom 08.07.2010, Az.: V ZB 153/09). Das gilt aber nur für die Kläger. Sind die Eigentümer Beklagte, sind nur die Kosten eines Anwalts erstattungsfähig (BGH, Beschluss vom 16.07.2009, Az.: V ZB 11/09)
- Bei einer Beschlussanfechtungsklage kann der Verwalter die beklagten Wohnungseigentümer aufgrund gesetzlicher Vertretungsmacht im Außenverhältnis umfassend vertreten und einen Rechtsanwalt beauftragen. Eine gesonderte rechtsgeschäftliche Vollmacht der Eigentümer ist dazu nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 05.07.2013, Az.: V ZR 241/12). Die Kosten für den Anwalt darf der Verwalter aus Gemeinschaftsmitteln begleichen, sofern im Wirtschaftsplan dafür Mittel vorgesehen sind oder er dazu ermächtigt ist (BGH, Urteil vom 17.10.2014, Az.: V ZR 26/14).